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Anonyme Bewerbung: Vor- und Nachteile, Aufbau und Inhalt

30% der Bewerbenden haben sich laut einer Statista-Umfrage schon einmal aufgrund ihrer persönlichen Eigenschaften während eines Bewerbungsverfahrens benachteiligt gefühlt. Diskriminierung bei der Stellenbesetzung ist damit leider immer noch ein Problem. Die anonyme Bewerbung ist ein Versuch, den Bewerbungsprozess fairer für alle zu gestalten.

Wann diese genutzt wird und wie sie funktioniert, erfährst du in diesem Artikel. Außerdem zeigen wir dir die Vor- und Nachteile von anonymisierten Bewerbungsverfahren.

Inhalt

Diskriminierung bei der Bewerbung

Manchmal passiert es, dass Bewerbende von Personalverantwortlichen diskriminiert werden und deshalb keine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten, obwohl ihre Qualifikationen eigentlich zu den Anforderungen der Stelle passen. Das kann bewusst passieren, aber oft auch ganz unbewusst. Auslöser dafür sind meist Vorurteile gegenüber bestimmten Personengruppen.

Zum Beispiel: Eine junge Person bringt mehr Schwung ins Unternehmen als eine ältere. Männer passen besser in Führungspositionen und Frauen mit Kindern sind nicht so zuverlässig. Die Person mit dem deutschen Namen kann sich bestimmt besser ausdrücken und passt besser ins Team.

Solche Gedankengänge, die Personen aufgrund von Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Religion oder Herkunft bewerten, sind auch heute noch in den Köpfen vieler Menschen vorhanden. Vor allem Personen mit Migrationshintergrund leiden bei der Jobsuche darunter. So gaben bei einer YouGov-Umfrage im Auftrag des Jobportals Indeed 54% der befragten Personen mit Migrationshintergrund an, dass sie das Gefühl haben im Bewerbungsverfahren diskriminiert zu werden. In unserer Grafik siehst du eine Übersicht zu weiteren Ergebnissen der Umfrage.

Ergebnisse einer Umfrage zu Diskriminierung im Bewerbungsprozess unter Menschen mit Migrationshintergrund

Um dieser Diskriminierung entgegenzuwirken, wurde 2006 das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verabschiedet, welches die Rechte aller Bewerbenden schützen soll. Dieses allein reicht aber nicht aus und aus diesem Grund gibt es weitere Ansätze wie die anonyme Bewerbung, um den Bewerbungsprozess für alle gerechter zu gestalten.

Was ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?

Ziel dieses Gesetzes ist es, Benachteiligungen aufgrund von Eigenschaften wie Ethnie, Herkunft, Religion, Geschlecht, Alter oder Sexualität entgegenzuwirken beziehungsweise diese zu beseitigen.

Definition: Anonyme Bewerbung

Eine anonyme oder auch anonymisierte Bewerbung ist eine Form der Bewerbung, bei der vollständig auf persönliche Daten und Merkmale verzichtet wird. Personaler:innen wissen so nicht, wer sich bewirbt, und der Fokus liegt somit ausschließlich auf den für die Stelle relevanten Fähigkeiten und Qualifikationen. So soll vermieden werden, dass passende Kandidat:innen aufgrund von Diskriminierung in der ersten Bewerbungsrunde aussortiert werden.

Noch nie davon gehört? In Deutschland ist diese Form der Bewerbung nicht weit verbreitet. Im Gegensatz dazu ist die anonyme Bewerbung in den USA und Kanada, wo sie auch ihre Ursprünge in den 1960er Jahren hat, oftmals das gängige Mittel.

Du bist aktuell auf Stellensuche und es kommen für dich auch Jobs mit herkömmlichem Bewerbungsverfahren infrage? Dann bewirb dich doch über Workwise – und das ganz ohne Anschreiben.

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Das gehört in die anonyme Bewerbung: Inhalte und Aufbau

Grundsätzlich gilt:

  • Berufserfahrung, Kenntnisse und Fähigkeiten gehören auch in die anonyme Bewerbung.
  • Persönliche Daten dürfen nicht genannt werden.

Zu den persönlichen Daten gehören alle Informationen, mit denen Rückschlüsse auf die Person gezogen werden können. Beispielsweise kann ein Name auf den Migrationshintergrund einer Person hinweisen. Weggelassen wird in der anonymisierten Bewerbung:

  • Name
  • Anschrift
  • Geschlecht
  • Religion/Konfession
  • Alter
  • Foto
  • Familienstand
  • Hobbys
  • Jahreszahlen und Zeiträume
  • Staatsangehörigkeit
  • Kontaktdaten (falls diese Rückschlüsse auf Bewerber:innen zulassen)

Kontaktdaten, die Rückschlüsse auf deine Person geben können, sind zum Beispiel eine E-Mail-Adresse, die deinen Namen enthält. Eine Telefon- oder Mobilnummer dagegen ist anonym.

Der Aufbau der anonymen Bewerbung unterscheidet sich nicht von dem Aufbau einer klassischen Bewerbung. In unserem Schaubild siehst du, wie Anschreiben und Lebenslauf aufgebaut sind und welche Punkte du bei deiner anonymen Bewerbung beibehältst und welche du weglassen musst:

Was in eine anonyme Bewerbung gehört und was nicht

Anlagen wie Zeugnisse und Zertifikate werden einer anonymen Bewerbung beigefügt – und falls gewollt auch ein Motivationsschreiben. Allerdings musst du auch hier darauf achten, dass diese keinen Namen, Kontaktdaten oder sonstige persönliche Informationen aufweisen.

Wie lösche ich meine persönlichen Daten aus meinen Zeugnissen und Zertifikaten?

Besitzt du einen eigenen Scanner, kannst du deine persönlichen Daten mit vorher zurechtgeschnittenen Papierstreifen überdecken und die Dokumente daraufhin einscannen. Der schnellere Weg ist es, deine Daten innerhalb eines digitalen PDF-Dokuments unkenntlich zu machen. Hierfür gibt es verschiedene kostenlose Tools im Internet, die du nutzen kannst.

Anonyme Bewerbung Vorlage

Damit du nicht aus Versehen bei deiner anonymen Bewerbung doch persönliche Daten von dir preisgibst, haben wir dir für dein Anschreiben und für deinen Lebenslauf jeweils passende Muster zum Download erstellt.

Anonyme Bewerbung: Vorlage Anschreiben

Wir starten mit der Vorlage für dein anonymes Anschreiben, das du für deine Bewerbung verwenden kannst.

beispielhafte Darstellung eines anonymen Bewerbungsschreibens

Anonyme Bewerbung: Vorlage Lebenslauf

Ist dein Anschreiben fertig, nimmst du im nächsten Schritt unsere Vorlage und erstellst dir damit einen anonymen Lebenslauf.

beispielhafte Darstellung eines anonymen Lebenslaufes

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie der Ablauf einer anonymen Bewerbung überhaupt funktionieren kann. Wie lange kannst du anonym bleiben? Wie trifft das Unternehmen eine Auswahl und vor allem: Wie kann dieses dich kontaktieren, wenn du keine Namen und Kontaktdaten bei deiner Bewerbung verwendest? Im nächsten Abschnitt erklären wir dir, wie ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren funktioniert.

Das anonymisierte Bewerbungsverfahren

Ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren kann von Unternehmen auf verschiedene Weisen durchgeführt werden. Der Leitfaden der Antidiskriminierungsstelle des Bundes nennt hierzu drei Methoden:

  • Online-Bewerbungsbögen: Die Bewerbenden tragen in eine Online-Maske ihre Qualifikationen und weitere nicht-personenbezogene Daten ein. Diese werden dann anonymisiert an das Unternehmen verschickt.
  • Anonymisierte Bewerbungsformulare: Die Bewerbenden erhalten per Mail oder Download anonymisierte Bewerbungsformulare, die sie ausfüllen und wiederum an das Unternehmen zurückschicken.
  • Anonymisierte Bewerbungsunterlagen Die Bewerbungsunterlagen werden entweder vor dem Versand oder direkt nach dem Eingang (zum Beispiel durch ein Computerprogramm oder eine unabhängige Person) anonymisiert.

Egal, welche Methode gewählt wird, am Ende erhalten Personalverantwortliche Bewerbungen ohne Fotos und ohne persönliche Daten, die sie dann aufgrund von Merkmalen wie Berufserfahrung und Qualifikationen bewerten.

Bewerbende können so in der ersten Bewerbungsrunde ohne Vorurteile bewertet und gegebenenfalls zur zweiten Runde – dem Vorstellungsgespräch – eingeladen werden.

Ist die Entscheidung gefallen, dass du zum Vorstellungsgespräch eingeladen wirst, werden deine vorher anonymisierten Kontaktdaten offengelegt und du erhältst die Einladung.

Kommt es dann zu einem Bewerbungsgespräch, wird die Anonymisierung vollständig aufgehoben, denn sobald Personaler:innen den Bewerbenden gegenüber sitzen, bietet die Anonymisierung keinen Mehrwert mehr. Alter, Herkunft, Aussehen und weitere persönliche Informationen sind dann oft einfach abzulesen.

Anonyme Bewerbung: Vor- und Nachteile

Klingt doch perfekt, oder? Chancengleichheit und der Fokus auf Qualifikationen, anstatt auf äußere Merkmale zu achten. Die anonyme Bewerbung hat viele Vorteile, ist aber auch nicht frei von Problemen. Welche Vor- und Nachteile eine anonyme Bewerbung mit sich bringt, zeigen wir dir in der folgenden Gegenüberstellung.

Vorteile der anonymen Bewerbung

  • Bewertung nur aufgrund von Fähigkeiten und Qualifikationen: Statt Äußerlichkeiten und anderen für die Stelle irrelevanten Eigenschaften stehen bei der anonymen Bewerbung nur die Fähigkeiten und Qualifikationen im Vordergrund.
  • Chancengleichheit: Alle Bewerbenden haben die gleichen Chancen, da es keine Möglichkeit gibt, sie aufgrund ihrer persönlichen Merkmale zu diskriminieren.
  • Vergleichbarkeit: Enthält eine Bewerbung nur relevante Informationen, können Personalverantwortlichen verschiedene Bewerbende leichter und schneller miteinander vergleichen.
  • Keine Vetternwirtschaft: Den Sohn eines Freundes bei der Bewerbung bevorzugen? Mit der anonymen Bewerbung nicht möglich, da der Name der Bewerbenden nicht von Anfang an ersichtlich ist.
  • Mehr qualitative Bewerbungen: Das Anonymisieren bedeutet oftmals einen Mehraufwand für Bewerbende. Dies führt wiederum dazu, dass sich vor allem Personen bewerbend, die unbedingt die Stelle möchten, was die Qualität der Bewerbungen erhöht.
  • Mehr Unternehmenserfolg durch Vielfalt und Diversity: Dies bestätigt eine Bitkom-Studie unter deutschen Digitalunternehmen. Dort gaben 75% der Unternehmen an, dass Teams, die in Bezug auf Alter, Geschlecht und Herkunft gemischt sind, bessere Arbeitsergebnisse liefern.

Nachteile der anonymen Bewerbung

  • Kein Schutz vor Diskriminierung beim Vorstellungsgespräch: Ab dem Vorstellungsgespräch liegen alle persönlichen Informationen der Bewerbenden offen, was dazu führen kann, dass es in diesem Schritt noch zu Diskriminierungen kommt.
  • Nachteil für Berufsanfänger:innen: Diese haben oftmals noch nicht viel Berufserfahrung, mit der sie überzeugen können, sondern setzen häufig auf persönliche Stärken.
  • Nicht für alle Berufsbilder geeignet: Zum Beispiel benötigen kreative Berufe wie die Schauspielerei die persönliche Präsentation der Bewerbenden.
  • Mehraufwand im Verfahren: Bewerbende müssen entweder ihre Bewerbungsunterlagen an die anonyme Bewerbung anpassen oder Unternehmen müssen Systeme installieren oder mehr Personal einsetzen, um diese zu anonymisieren.

Kritiker:innen des Verfahrens bringen zudem oftmals an, dass durch ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren Diskriminierung nicht bekämpft, sondern nur umgangen wird und ganz Unrecht haben sie damit nicht. So werden durch die anonymisierte Bewerbung keine Vorurteile abgebaut, sondern es wird nur versucht, deren negative Auswirkungen im Bewerbungsprozess zu verhindern. Andere Ansätze wie beispielsweise gezielte Schulungen der Personalverantwortlichen könnten diesen Nachteil ausgleichen.

Fazit: Ist eine anonyme Bewerbung sinnvoll?

In Deutschland wurden in den letzten Jahren verschiedene Pilotprojekte gestartet, um zu überprüfen, ob das anonymisierte Bewerbungsverfahren ein geeigneter Weg ist, um die Chancengleichheit zu erhöhen und Diskriminierung zu verhindern. Hierbei kam unter anderem ein Projekt des Landes Baden-Württemberg zum Ergebnis, dass die anonyme Bewerbung Chancengleichheit während des Bewerbungsverfahrens gewährleistet. Außerdem gaben 92% der teilnehmenden Bewerbenden an, dass der Mehraufwand der anonymen Bewerbung für sie kein Hinderungsgrund für eine Bewerbung darstellt.

Das Problem: In Deutschland konnte sich die anonyme Bewerbung bislang noch nicht durchsetzen und fristet ein Nischendasein. Gründe hierfür sind vermutlich der erhöhte Aufwand für Unternehmen im Vergleich zur herkömmlichen Bewerbung und, dass viele Personalverantwortliche auf ihre Menschenkenntnis setzen und vorab wissen wollen, wen sie einladen.

Talent Managerin Annabella Krahl

„Da sich die anonyme Bewerbung noch nicht in Deutschland flächendeckend etabliert hat, solltest du je nach Stelle und Unternehmen entscheiden, ob diese Bewerbungsform sinnvoll ist. Bietet das Unternehmen von sich aus ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren an, kannst du dieses natürlich nutzen. Gibt es keine Angabe dazu, solltest du vor allem vorsichtig sein und dich besser auf die herkömmliche Weise bewerben oder vorab unverbindlich – und natürlich ohne Angaben deiner Daten – anfragen, ob sie auch anonyme Bewerbungen annehmen.“

Annabella Krahl, Talent Managerin bei Workwise

Du hast bereits die ideale Stelle für dich gefunden, aber eine anonyme Bewerbung ist nicht möglich? In unserem Guide „Richtig bewerben, Absagen vermeiden“ zeigen wir dir, auf was du bei einer herkömmlichen Bewerbung alles achten solltest.

FAQ: Unsere Expertin beantwortet die wichtigsten Fragen zur anonymen Bewerbung

In diesem kurzen FAQ erhältst du von unserer Talent Managerin Annabella die Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Thema anonyme Bewerbung.

Ziel einer anonymen Bewerbung ist es, aktiver oder passiver Diskriminierung innerhalb des Bewerbungsprozesses vorzubeugen. Hierzu enthalten die Bewerbungsunterlagen der Kandidat:innen keine Informationen zu Herkunft, Alter, Religion oder Geschlecht. Die Personalverantwortlichen können sich somit ganz auf die Fähigkeiten und Qualifikationen konzentrieren.

Mehr dazu findest du in unserer Definition

Grundsätzlich dürfen innerhalb eines anonymisierten Bewerbungsverfahrens keine persönlichen Daten der Bewerbenden an das Unternehmen weitergegeben werden. Dazu werden entweder die Bewerbungsunterlagen vorab anonymisiert oder die Bewerbenden erhalten anonymisierte Formulare, die sie online oder offline ausfüllen und an das Unternehmen übergeben.

Mehr zum anonymisierten Bewerbungsverfahren findest du hier

Die Vorteile der anonymen Bewerbung sind:

  • Bewertung nur aufgrund von Fähigkeiten und Qualifikationen
  • Chancengleichheit
  • Vergleichbarkeit
  • Keine Vetternwirtschaft
  • Mehr qualitative Bewerbungen
  • Mehr Unternehmenserfolg durch Vielfalt und Diversity

 

Mehr zu den Vorteilen der anonymen Bewerbung findest du hier

Die Nachteile der der anonymen Bewerbung sind:

  • Kein Schutz vor Diskriminierung beim Vorstellungsgespräch
  • Nachteile für Berufsanfänger:innen
  • Nicht für alle Berufsbilder geeignet
  • Mehraufwand im Verfahren

 

Mehr zu den Nachteilen der anonymen Bewerbung findest du hier

Veröffentlicht am 12/21/2021, aktualisiert am 11/21/2024