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Arbeitszeugnis entschlüsseln – Tipps & Muster

Das Arbeitszeugnis ist neben dem Lebenslauf eine der wichtigsten Unterlagen, die im Bewerbungsprozess eine Rolle spielen. Wurden die Angaben im Arbeitszeugnis eher negativ oder unklar formuliert, kann das schnell einen negativen Einfluss auf deinen weiteren Bewerbungsprozess haben. Damit genau das nicht passiert, findest du in diesem Artikel ein Muster für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis sowie die wichtigsten Tipps, damit du dein Arbeitszeugnis entschlüsseln kannst.

Inhalt

Definition: Was ist ein qualifiziertes Arbeitszeugnis?

Im Gegensatz zum einfachen Zeugnis, das in der Regel nur die Art des Dienstverhältnisses und dessen Dauer bestätigt, enthält das qualifizierte Arbeitszeugnis außerdem noch die Beurteilung deiner Leistungen und ist damit auch das gängigste Zeugnis. Im qualifizierten Arbeitszeugnis werden dabei nicht nur deine Leistungen in vergangener Zeit, sondern während deines gesamten Beschäftigungsverhältnisses beurteilt.

Der Aufbau des qualifizierten Arbeitszeugnisses

Ein vollständiges, qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält laut Christian Püttjers und Uwa Schnierdas Buch „Arbeitszeugnisse formulieren und entschlüsseln“ idealerweise die folgenden Elemente.

  1. Firmenbriefkopf
  2. Überschrift: Arbeitszeugnis oder Zeugnis
  3. Einleitung: persönliche Daten des Arbeitnehmers inklusive Beginn und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
  4. Aufgabenbeschreibung: Aufgabenkreis mit typischen Merkmalen
  5. Beurteilung der Leistung und des Verhaltens: Fähigkeiten, Kenntnisse, Arbeitsweise, Arbeitsmotivation und Arbeitserfolg sowie internes und externes Sozialverhalten
  6. Schlussformel: Gründe für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, Dankes- oder Bedauerns-Formel, Zukunftswünsche, etc.
  7. Datum der Zeugnisausstellung und Unterschrift

Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Laut §109 der Gewerbeordnung gilt: Alle Beschäftigten haben bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis.

Dieses Zeugnis muss mindestens Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit enthalten, Arbeitnehmer:innen können darüber hinaus aber auch eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung von ihrem Arbeitgeber verlangen.

Dasselbe gilt auch für geringfügig Beschäftigte sowie Erwerbstätige, die einem Nebenjob nachgehen. Praktikant:innen haben laut §16 des BBiG ebenso einen rechtlichen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis.

Formulierungen für dein qualifiziertes Arbeitszeugnis [inkl. Muster]

Wahrscheinlich kommt dir diese Situation bekannt vor oder du befindest dich vielleicht gerade sogar in dieser Lage: Du stehst gerade vor einem Jobwechsel und benötigst ein Arbeitszeugnis von deinem aktuellen Arbeitgeber. Aus Zeitmangel bittet dich dieser nun, dein eigenes Arbeitszeugnis zu formulieren.

Immer häufiger werden Beschäftigte dazu aufgefordert, ihr Arbeitszeugnis selbst zu schreiben. Einerseits entlastet dies den Arbeitgeber, andererseits hast du nun die Chance, dein eigenes Arbeitszeugnis gut auszuformulieren. Diese Chance bietet aber auch Risiken: Gerade, wenn du mit der Zeugnissprache zu wenig vertraut bist und Gefahr läufst, mit guten Formulierungen zu übertreiben, kann es schnell passieren, dass du nicht das gewünschte Ergebnis erreichst. Die folgende Vorlage für dein qualifiziertes Arbeitszeugnis kannst du downloaden und wird dir bei den Formulierungen helfen.

Abbildung eines qualifizierten Arbeitszeugnis, das mit Hilfe dieses Artikels entschlüsselt werden kann

Die Bedeutung des qualifizierten Arbeitszeugnis entschlüsseln

Manchmal kann es vorkommen, dass Phrasen im Arbeitszeugnis gar nicht so leicht zu entziffern sind und verwirrend oder unverständlich geschrieben wurden – unter Personalverantwortlichen ist daher sogar oft die Rede von einer Art Geheimcode. Um die Formulierungen in deinem Arbeitszeugnis richtig zu deuten, gibt es laut Günter Hubers Buch „Mein Arbeitszeugnis entschlüsseln und entwerfen“ verschiedene Tipps und Tricks, die du bei der Entschlüsselung der jeweiligen Abschnitte deines Arbeitszeugnisses beachten solltest – folgend stellen wir dir sechs davon vor.

  1. Auf die Wichtigkeit der Arbeitsfelder achten: Bei der Analyse deines Arbeitszeugnisses empfehlen wir dir, darauf zu achten, dass nur deine wesentlichen Aufgaben erwähnt werden. Wenn dein Arbeitgeber bei der Beschreibung deiner Aufgaben eher auf die nicht bedeutsamen Aufgaben eingeht, kann das implizieren, dass du mit deinen Hauptaufgaben überfordert warst und dich nicht darauf konzentrieren konntest.
  2. Bewusste Abwertungen entschlüsseln: Betont dein Arbeitgeber in deiner Leistungsbeurteilung stetig Selbstverständlichkeiten wie Pünktlichkeit oder Ehrlichkeit, drückt dies meist eine bewusste Abwertung aus – daher sollte im Zeugnis davon auch eher abgesehen werden.
  3. Positive Beurteilung erkennen: Sollte im Arbeitszeugnis von Zeitfaktoren wie „stets“, „jederzeit“ oder „immer“ die Rede sein, so bringt dies eine tiefe Zufriedenheit deines Arbeitgebers zum Ausdruck. Fehlt bei der Leistungsbeurteilung ein Zeitfaktor, so deutet dies meist auf eine nur ausreichende Leistungsbeurteilung hin. Würde man Formulierungen mit Zeitfaktor wie „stets“, „jederzeit“ und „immer“ in Noten übersetzen, dann könnte man auch von einer „sehr guten“ Beurteilung sprechen – Beispiele dafür sind:
    • „[Name] hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit bewältigt.“
    • „Die Leistungen von [Name] fanden stets unsere volle Anerkennung.“
  4. Hinweis auf überdurchschnittliche Kenntnisse: Wird im Arbeitszeugnis auf überdurchschnittliche Fähigkeiten und Kenntnisse verwiesen, so deutet dies auf eine gute bis sehr gute Leistungsbeurteilung hin.
  5. Versteckte negative Beurteilungen erkennen: „Das Verhalten von [Name] gegenüber Kolleg:innen, Geschäftspartner:innen und Vorgesetzten war stets einwandfrei.“ Bei diesem Beispiel wird durch die umgekehrte Aufzählung der Rangordnung klar, dass das Verhalten gegenüber Vorgesetzten nicht einwandfrei war und die gute Zusammenarbeit mit Kolleg:innen als wichtiger erschien als mit dem Vorgesetzten. Dasselbe gilt auch bei anderen Aufzählungen dieser Art.
  6. Geheimcodes im Arbeitszeugnis: Wörter wie „bemühen“, „im Rahmen seiner/ihrer Möglichkeiten“, „ordnungsgemäß“ und “er/sie zeigte Interesse“ weisen im Arbeitszeugnis eher auf eine unzureichende Leistung hin.
People Operations Managerin Ella Janowitz

„Tipp: Die Bedeutung eines Arbeitszeugnisses zu entschlüsseln, ist oft gar nicht so einfach. Selbst hat man oft gar nicht richtig die Chance, herauszufinden, was bestimmte Formulierungen bedeuten können, da hilft nur: recherchieren, analysieren oder das Arbeitszeugnis professionell prüfen lassen. Gewisse Standards wie etwa die korrekte Einhaltung des Layouts kannst du auch selbst checken.“

Ella Janowitz, People Operations Managerin bei Workwise

Was bedeutet die Schlussformel im Arbeitszeugnis?

Auch die Schlussformel im Arbeitszeugnis sagt viel über dein Verhalten oder deine Leistung aus und drückt im besten Fall aus, dass dein Unternehmen dich ungern verliert. Im Folgenden geben wir dir Beispiele für Schlussformeln im Arbeitszeugnis und die jeweilige Bedeutung dahinter.

Wenn dein Unternehmen dich sehr ungern verliert, lautet die Schlussformulierung in etwa so:

[Name] scheidet mit dem heutigen Tag auf eigenen Wunsch aus unserem Unternehmen aus. Wir bedauern die Entscheidung sehr, da wir eine:n wertvolle:n Mitarbeiter:in verlieren.

Wir danken für die Mitwirkung in unserem Unternehmen und wünschen weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.

Eine Schlussformel, die dich als Arbeitnehmer:in eher mangelhaft beurteilt, kann in etwa so aussehen:

[Name] scheidet mit dem heutigen Tag aus unserem Unternehmen aus.

Wir wünschen für die Zukunft viel Glück.

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Diese Noten stecken hinter den Formulierungen

Um die Leistung von Mitarbeitenden zu beurteilen, hat sich eine Art Maßstab für Zeugnisformulierungen unter Personalverantwortlichen etabliert. Diesen zu entschlüsseln ist oftmals gar nicht so einfach, allerdings gibt es laut Günter Huber einige Standardformulierungen zur Leistungsbeurteilung, die im Arbeitszeugnis häufig verwendet werden.

Leistungsbeurteilung: Sehr gut

  1. Fachwissen:
    „[Name] verfügt über umfassende und vielseitige Fachkenntnisse, auch in Randbereichen.
  2. Auffassungsgabe und Problemlösungsfähigkeit:
    „[Name] ist in der Lage, auch schwierige Situationen sofort zutreffend zu erfassen und schnell richtige Lösungen zu finden.“
  3. Zuverlässigkeit:
    „(Name) arbeitete stets sehr zuverlässig und genau.“
  4. Belastbarkeit:
    „Auch stärkstem Arbeitsanfall ist [Name] jederzeit gewachsen.
  5. Fachkönnen:
    „[Name] beherrschte ihren Arbeitsbereich stets selbstständig und sicher, hatte oft neue Ideen und fand optimale Lösungen.“

Leistungsbeurteilung: Gut

  1. Fachwissen:
    • „[Name] verfügt über umfassende Fachkenntnisse.“
    • „[Name] verfügt über vielseitige Fachkenntnisse.“
  2. Auffassungsgabe und Problemlösungsfähigkeit:
    „[Name] überblickt schwierige Zusammenhänge, erkennt das Wesentliche, ist in der Lage, schnell Lösungen aufzuzeigen und hat eine gute Auffassungsgabe.“
  3. Zuverlässigkeit:
    „[Name] arbeitete stets zuverlässig und genau.“
  4. Belastbarkeit:
    „Auch starkem Arbeitsanfall ist [Name] jederzeit gewachsen.“
  5. Fachkönnen:
    „[Name] arbeitete selbstständig und sicher, fand gute Lösungen und hatte neue Ideen.“

Leistungsbeurteilung: Befriedigend

  1. Fachwissen:
    • „[Name] verfügt über solide Fachkenntnisse.“
    • „[Name] ist aufgrund seines soliden Fachwissens in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben zu erledigen.“
  2. Auffassungsgabe und Problemlösungsfähigkeit:
    „[Name] findet sich in neuen Situationen zurecht und ist auch in der Lage, komplizierte Zusammenhänge zu erfassen.“
  3. Zuverlässigkeit:
    „[Name] arbeitete zuverlässig und genau.“
  4. Belastbarkeit:
    „[Name] ist starkem Arbeitsanfall gewachsen.“
  5. Fachkönnen:
    „[Name] bewältigte ihren Arbeitsbereich sicher und fand brauchbare Lösungen.“

Leistungsbeurteilung: Ausreichend

  1. Fachwissen:
    „[Name] verfügt über ein solides Grundwissen in ihrem Arbeitsbereich.“
  2. Auffassungsgabe und Problemlösungsfähigkeit:
    „[Name] ist mit Unterstützung ihrer Vorgesetzten neuen Situationen gewachsen und in der Lage, komplizierte Zusammenhänge nachzuvollziehen.“
  3. Zuverlässigkeit:
    „[Name] bewältigte die entscheidenden Aufgaben zuverlässig.“
  4. Belastbarkeit:
    „[Name] ist starkem Arbeitsanfall im Wesentlichen gewachsen.“
  5. Fachkönnen:
    „[Name] bewältigte ihre Arbeitsbereich sicher, fand brauchbare Lösungen und erledigte ihre Aufgaben.“

Leistungsbeurteilung: Mangelhaft

  1. Fachwissen:
    „[Name] verfügt über entwicklungsfähige Kenntnisse ihres Arbeitsbereichs.“
  2. Auffassungsgabe und Problemlösungsfähigkeit:
    „[Name] ist mit Unterstützung ihrer Vorgesetzten neuen Situationen im Wesentlichen gewachsen.“
  3. Zuverlässigkeit:
    „[Name] arbeitete in der Regel zuverlässig.“
  4. Belastbarkeit:
    „Dem üblichen Arbeitsanfall ist [Name] im Wesentlichen gewachsen.“
  5. Fachkönnen:
    „[Name] erledigte im Wesentlichen ihre Aufgaben.“

Leistungsbeurteilung: Ungenügend

  1. Fachwissen:
    „[Name] hatte Gelegenheit, sich die erforderlichen Kenntnisse ihres Arbeitsbereichs anzueignen.“
  2. Auffassungsgabe und Problemlösungsfähigkeit:
    • „[Name] war bemüht, mit der Unterstützung der Vorgesetzten neuen Situationen gerecht zu werden.“
    • „[Name] hat sich bemüht, der geforderten Einsatzbereitschaft zu entsprechen.“
  3. Zuverlässigkeit:
    „[Name] war um zuverlässige Arbeitsweise bemüht.“
  4. Belastbarkeit:
    „[Name] war stets bemüht, den üblichen Arbeitsanfall zu bewältigen.“
  5. Fachkönnen:
    „[Name] war bestrebt, ihre Aufgaben zu erledigen.“

Tipp: Natürlich sind die Wertungen immer auch auf die jeweiligen Berufe abgestimmt, die Formulierungen sind daher nur pauschalisiert. Auf arbeitszeugnis.de kannst du beispielsweise die Noten in deinem Arbeitszeugnis ganz kostenlos prüfen und so mehr über deine Leistungsbeurteilung herausfinden.

Unzufrieden mit dem Arbeitszeugnis? Das kannst du tun

Es kann vorkommen, dass du aufgrund von Fehlinformationen oder nicht ordnungsgemäßer äußerer Form nicht zufrieden mit deinem Arbeitszeugnis bist und du fragst dich nun vielleicht, ob du dies einfach so hinnehmen musst.

Grundsätzlich gilt: Jedes Zeugnis muss „wohlwollend“ formuliert sein, dein Arbeitgeber darf dir also deine Jobsuche und dein zukünftiges Berufsleben nicht erschweren. Daher musst du dein schlechtes Arbeitszeugnis auch nicht so einfach hinnehmen, wenn der Inhalt nicht „wahr“ und „wohlwollend“ ist und Formulierungen unschlüssig oder abwertend sind. Suche daher im ersten Schritt am besten das Gespräch mit deinem Arbeitgeber und versuche freundlich darauf hinzuweisen, dass dein Arbeitszeugnis nicht ordnungsgemäß ist. Dabei kannst du auch mit Nachweisen am besten schriftlich argumentieren, die dies belegen. Auch die Aussagen von Kolleg:innen könnten dabei helfen. Sollte dies nicht weiterhelfen, solltest du laut Günter Huber deinen Zeugnisberichtigungsanspruch schriftlich geltend machen. Hierbei hilft es oft auch, einen Zeugnisvorschlag anzuhängen. Es kommt zwar immer auf deine individuelle Situation an, du hast aber einen Anspruch auf ein wohlwollendes Arbeitszeugnis und das solltest du in jedem Fall auch geltend machen.

Finde heraus, wie du dein Arbeitszeugnis richtig anforderst

Veröffentlicht am 10/27/2022, aktualisiert am 05/29/2024